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E-Mobilität auf der Überholspur

Die Mobilität steht vor disruptiven Veränderungen. Das verändert nicht nur die Fortbewegungsmittel, sondern ebenso die gesamte Wertschöpfungskette der Automobilindustrie.

Elektromobile sind ein alter Hut. Und auch die Probleme, die damit verbunden sind. Bereits 1888 „raste“ der deutsche Maschinenbauer Andreas Flocken auf einer elektrisch betriebenen Pferdekutsche mit 15 km/h durch Coburg. Um 1900 waren dann rund vierzig Prozent aller Automobile in den Vereinigten Staaten elektrisch unterwegs. Hauptsächlich wegen mangelnder Batteriekapazität und damit geringer Reichweite wurden sie danach „nachhaltig“ von den Verbrennern verdrängt.

Jetzt ein gutes Jahrhundert später schlagen die „Stromer“ zurück. Eine aktuelle Studie von VDMA und FEV Consulting erwartet, dass bis 2040 knapp 45 Prozent von insgesamt 128 Millionen verkauften Pkw rein batterieelektrisch oder mit Brennstoffzelle auf den Strassen unterwegs sein werden. Die Anzahl der verkauften Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor fällt im Vergleich zu 2019 bis dahin weltweit um sechzehn Prozent.

Insbesondere Europa erlebt einen deutlichen Umschwung. Die Verschärfung der Abgasgesetzgebung im Zuge des „Green Deal“ der EU hat wohl zur Folge, dass in Europa 2040 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotor mehr verkauft werden dürfen. Neben batterieelektrischen Fahrzeugen nimmt dann auch die Bedeutung von Brennstoffzellenfahrzeugen deutlich zu – der VDMA-Studie zufolge mit einem Marktanteil von ca. 22 Prozent.

Damit verbunden sind massive Auswirkungen auf die Wertschöpfung und Investitionen in Europa, USA und China, den Kernmärkten der automobilen Mobilität.

Umsatzsteigerungen für elektrische Antriebsstrangkomponenten um rund 75 Prozent auf 403 Milliarden Euro bis zum Jahr 2040 steht dann ein Umsatzrückgang von bis zu 80 Prozent für klassische Verbrennertechnologien gegenüber.

Und künftige Wachstumstreiber kommen von elektrischen Systemen und Komponenten wie Batterie, Elektromotor und Leistungselektronik, aber ebenso aus dem Bereich Brennstoffzellenkomponenten. Zugleich verschiebt sich die Wertschöpfung von fertigungsintensiven Prozessen hin zu einem höheren Materialeinsatz.

Elektromobilität in Zeiten von Corona

Bislang allerdings hakt es noch, was den Fortschritt bei der E-Mobilität angeht - zumindest in Deutschland. Das Ziel der Bundesregierung, bis 2030 mindestens zehn Millionen Elektroautos auf die Straße zu bekommen, war nach Einschätzung der Beratungsgesellschaft Deloitte schon vor COVID-19 ambitioniert. Obwohl der Ausbau der Elektromobilität ein zentrales Element der deutschen Klimaschutzpolitik bleibt und kontinuierlich sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik an Bedeutung gewinnt. Der Automobilbranche jedoch gelingt es Deloitte zufolge nicht entschiedener von den profitablen Verbrennungsmotoren auf die aktuell nicht profitable Elektrotechnologie umzusteigen.

Nach Berechnungen der Analysten reduzieren nun die Auswirkungen von COVID-19 den kumulierten Absatz von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben bis 2030 zusätzlich um bis zu 500.000 Einheiten. Das kürzlich beschlossene Konjunkturpaket könnte diesen negativen Effekt allerdings um insgesamt 650.000 Einheiten überkompensieren. Im Januar 2020 jedoch – also vor der Krise – prognostizierte Deloitte kumulierte Neuzulassungen mit alternativen Antrieben von insgesamt 6,2 Mio. bis 2030. Das bedeutet, das hierzulande angestrebte Ziel und die von den CO2-Regularien geforderten sieben bis zehn Millionen E-Fahrzeuge/Plug-In Hybride werden um fast vier Millionen Fahrzeuge verfehlt.

Aktuell verkaufen sich Elektroautos in Deutschland allerdings gut: Im März 2021 waren nach den Daten des Kraftfahrzeug-Bundesamts etwa 30.000 reine Elektroautos und über 81.000 Hybridfahrzeuge neu zugelassen worden, im Vergleich zum Vorjahr jeweils fast eine Verdreifachung. In wie weit der aktuelle Elektroboom sich als ein nur durch Subventionen ausgelöstes Strohfeuer entpuppt, bleibt abzuwarten. Laut der aktuellen „Global Automotive Consumer Studie“ von Deloitte jedenfalls fiel der Anteil der Befragten, die sich für ihr nächstes Auto einen alternativen Antrieb wünschen, auf das Niveau von 2018 zurück. Aktuell geben noch 41 Prozent der Befragten an, diesen beim nächsten Autokauf zu bevorzugen. In der Befragung für 2020 waren es 51 Prozent, ein Jahr zuvor 37 Prozent. Grundsätzlich sehen die Analysten jedoch kein generelles Zurück zum klassischen Benziner. Der langfristige Trend gehe auch bei den Konsumenten klar in Richtung Nachhaltigkeit.

Verkauf von E-Autos nach Segment (Quelle: Deloitte)
© Deloitte
Verkauf von E-Autos nach Segment (Quelle: Deloitte)