Energieeffizienz ist eine der Hauptaufgaben im 21. Jahrhundert. Dazu gehört auch die Nutzung der immensen Mengen an Abwärme – im Großen wie im Kleinen. „Widersprüchliche“ Materialien spielen dabei eine wichtige Rolle.
Die meisten Prozesse im Alltag sowie in der Industrie produzieren Abwärme, die in der Regel ungenutzt verpufft. Für eine sinnvolle Energierückgewinnung sind die Temperaturen meist nicht hoch genug. Zu den Hoffnungsträgern zählen deshalb schon lange sogenannte Thermoelemente, die in der Lage sind, elektrischen Strom schon aus geringen Wärmedifferenzen zu erzeugen. Grund dafür ist der sogenannte Seebeck-Effekt. Er beschreibt wie ein Temperaturunterschied an den beiden Enden bestimmter Materialien eine elektrische Spannung hervorruft.
Damit lässt sich natürlich keine Fabrik betreiben. Aber für Funksensoren etwa an Maschinen könnten kleine, effiziente Thermoelemente aus der Abwärme der Umgebung durchaus ausreichend Energie generieren. Die Vorteile liegen auf der Hand: Keine Verkabelung, kein Batteriewechsel, Autonomie und unterbrechungsfreie Bereitschaft.
Was sich einfach anhört, ist in der Praxis jedoch hochkomplex. Nicht nur, dass die Elektronik mit mV-Strömen „hantieren“ muss, auch das Material für die Thermoelemente muss Anforderungen erfüllen, die eigentlich nicht miteinander vereinbar sind.
Es soll elektrischen Strom möglichst gut, Wärme dagegen schlecht leiten. Gute Stromleiter zeichnen sich in der Regel aber durch einen gleichzeitig guten Wärmetransport aus. Nicht so eine Materialkomposition aus Eisen, Vanadium, Wolfram und Aluminium, auf die Forscher am Christian-Doppler-Labor für Thermoelektrizität an der TU Wien gestoßen sind.
Normalerweise führt der konstante Abstand zwischen den Atomen der Einzelmaterialien zu einem völlig regelmäßigen Kristallaufbau. Der verändert sich jedoch radikal, wenn das Material als dünne Schicht auf Silizium aufgebracht wird. Zwar bilden die Atome auch dann noch ein kubisches Muster, allerdings mit raumzentrierter Anordnung. Das führt zu einer völlig zufälligen Verteilung der unterschiedlichen „Atomsorten“.
Diese Mixtur aus Regelmäßigkeit und Unregelmäßigkeit in der Atomanordnung resultiert einerseits in einem sehr geringen elektrischen Widerstand. Andererseits stört sie die für den Wärmetransport verantwortlichen Gitterschwingungen. Die Wärmeleitfähigkeit sinkt also, und der für Energiegewinnung ausschlaggebende Temperaturunterschied bleibt so länger erhalten.
Wie viel elektrische Energie dabei gewonnen werden kann, verrät der sogenannte ZT-Wert: Je höher er ist, umso besser die thermoelektrischen Eigenschaften. Bisher gemessene Thermoelektrika bringen es auf ZT-Werte von etwa 2,5 bis 2,8. Das neuartige Material von der TU Wien liegt nun mit einem Wert von 5 bis 6 um einiges darüber.
Originalpublikation: B. Hinterleitner et al., Thermoelectric performance of a metastable thin-film Heusler alloy, Nature (2019).