Wide-Bandgap-Halbleiter wie Galliumnitrid (GaN) und Siliziumkarbid (SiC) erobern zunehmend anspruchsvolle Anwendungen. So setzen sie etwa in Photovoltaik-Wechselrichtern ein immenses Energiesparpotenzial frei.
Die Photovoltaik (PV) gewinnt eine immer größere Bedeutung für eine nachhaltige, bezahlbare und seit dem Ukrainekrieg auch sichere Energieversorgung. Bevor die Sonnenenergie aber als Strom elektrische Geräte „antreibt“, muss sie sogenannte Wechselrichter passieren. Die wandeln den Gleichstrom von Solarmodulen in Wechselstrom um und speisen ihn in das Niederspannungsnetz ein. Große 50-Hz-Transformatoren sorgen dann für die Kopplung an das regionale Mittelspannungsnetz.
Forscher des Fraunhofer ISE konnten letztes Jahr im Rahmen des Projekts „SiC-MSBat zusammen mit Partnern einen kompakten Wechselrichter mit einem Wirkungsgrad von 98,4 Prozent zur direkten Einspeisung in das Mittelspannungsnetz in Betrieb nehmen.
Leistungstransistoren aus Siliziumkarbid (SiC) mit sehr hohen Sperrspannungen (3,3 kV) spielten dabei die Hauptrolle. Sie arbeiten mit wesentlich geringeren Verlustleistungen als ihre Pendants aus Silizium und erlauben so eine Taktung des Wechselrichterstacks mit einer Schaltfrequenz von 16 kHz. Der Vorteil: Einsparungen bei passiven Bauelementen, da diese kleiner dimensioniert werden können. Gleichzeitig sind SiC-Wechselrichter durch ihre hohe Regeldynamik in der Lage netzstabilisierende Aufgaben zu übernehmen, um etwa als Filter Oberwellen im Mittelspannungsnetz zu kompensieren. Und nicht zuletzt fördern die viel höheren Leistungsdichten einen kompakten Aufbau.
Wer allerdings aktuell „Energiesparchips“ bestellt, braucht Geduld, denn die Fabriken sind bis weit ins nächste Jahr hinein ausgebucht. Yole Développement erwartet bis 2027 bei SiC-Bauelementen einen Umsatz von 6,3 Milliarden US-Dollar.
Nicht ganz so schnell voran kommt Galliumnitrid (GaN). Yole zufolge soll aber bis 2026 der GaN-Power-Markt immerhin erstmals die Marke von 1 Milliarde US-Dollar knacken. Noch sind die Haupttreiber Stromversorgungen im Consumer-Bereich wie die Schnelllader für Smartphones. Die Analysten gehen jedoch davon aus, dass GaN-Transistoren in Zukunft auch in Wechselrichtern, Elektrofahrzeugen oder in der Industrie eine zunehmend wichtige Rolle spielen werden. Noch rangiert man allerdings was Kosten, Liefersicherheit und Stückzahlen angeht hinter SiC. Weltweit arbeiten deshalb Wissenschaftler intensiv daran diese Hindernisse aus dem Weg zu räumen.
So forschten 26 Partner aus neun Ländern im europäischen Projekt UltimateGaN bis April dieses Jahres an Verfahren GaN-Chips in hoher Qualität und zu global wettbewerbsfähigen Kosten herzustellen.
Mit solchen Bauelementen soll nun das vom Bundeswirtschaftsministerium finanzierte Verbundforschungsvorhaben „GaN-HighPower“ die nächste Generation kostengünstiger, ressourcenschonender und effizienter Stromrichter für Photovoltaik-Anwendungen erproben. Der Fokus liegt dabei auf Stringwechselrichtern mit größerer Leistung im Bereich über 100 kVA. Sie wandeln den Solarstrom eines "Stranges" von in Reihe geschalteten PV-Modulen um. Zum Einsatz kommen Galliumnitrid-Halbleitermodule von Infineon zusammen mit stark verbesserten induktiven Bauelementen und Stromsensoren.
Die Charakterisierung der Infineon-Module geschieht an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (H-BRS). Mit der Kenntnis des genauen Schaltverhaltens lassen sich dann die Gate-Treiber optimal auf das Halbleitermodul abstimmen. Entwurf und Simulation der angepassten Gate-Treiber sowie die dazugehörige Spannungsversorgung und Auslegung des DC-Zwischenkreises gehören ebenso zu den Aufgaben der H-BRS. Besondere Anforderungen an die Ansteuerelektronik stellen dabei die schnellen Schalttransienten der Halbleitermodule dar.
Das Fraunhofer IEE geht in diesem Projekt der Frage nach, wie sich die neu entwickelten Bauteile in das Gesamtsystem eines PV-Wechselrichters integrieren lassen und welche Anforderungen sich aus der Kombination hoher Leistungen mit hohen Schaltfrequenzen ergeben.