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Fachkräftemangel: Neue Chancen für Studienabbrecher und Quereinsteiger

Der Mangel an IT-Fachkräften verschärft sich weiter. Neben der Rekrutierung von internationalen Fachkräften rückt deshalb zunehmend die Integration von Auf- und Quereinsteigern in den Fokus vieler Unternehmen.

In deutschen Unternehmen bleiben aktuell 149.000 Stellen für IT-Experten unbesetzt, 12.000 mehr als vor einem Jahr. Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Bitkom-Studie.

Den Fachkräftemangel spürt zunehmend auch die öffentliche Verwaltung. Laut einer Studie von McKinsey & Company scheiden dort bis 2030 allein altersbedingt 1,5 Millionen Beschäftigte aus. Und das inmitten des längst überfälligen Transformationsprozesses in Richtung Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Automatisierung.

Doch das Problem betrifft nahezu alle. Unabhängig von Konjunkturzyklen hat sich der Fachkräfteengpass als systemisches Problem der deutschen Wirtschaft verfestigt. Der Bitkom-Studie zufolge halten aktuell gerade einmal zwei Prozent der Unternehmen das Angebot an IT-Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt für ausreichend, vor einem Jahr waren es noch acht Prozent.

Schwierige Stellenbesetzung

Im Schnitt bleiben freie Positionen 7,7 Monate unbesetzt (2022:7,1). In jedem fünften Unternehmen vergehen bis zur Einstellung zwischen zehn und zwölf Monate. Lediglich drei Prozent können problemlos IT-Stellen besetzen. Dagegen erhält rund jedes vierte Unternehmen keine Bewerbungen auf seine Jobangebote.

Dazu kommt der Bitkom-Studie zufolge eine Vielzahl weiterer Herausforderungen. Wie etwa Gehaltsvorstellungen, die nicht zum Gehaltsgefüge (61 Prozent) oder zur jeweiligen Kompetenz (56 Prozent) passen. Häufig sind Bewerber fachlich unterqualifiziert (46 Prozent) oder es fehlen die notwendigen Soft-Skills (41 Prozent). 35 Prozent der Unternehmen klagen über mangelnde Deutschkenntnisse, 18 Prozent über unzureichende Fremdsprachenkenntnisse.

Mangelware Informatik-Absolvent

Speziell in der Fächergruppe Informatik haben IT-Experten jedoch eine starke Verhandlungsposition. Denn die Zahl der Absolventen reicht längst nicht mehr, um den Bedarf zu decken. Erschwerend: Die Abbrecherquote liegt bei dauerhaft über 50 Prozent.

Das führt dazu, dass in den vergangenen zwölf Monaten IT-Stellen am häufigsten durch Bewerber mit dualer Berufsausbildung wie Fachinformatik (44 Prozent) besetzt wurden. Einen IT- oder IT-nahen Hochschulabschluss brachten nur 16 Prozent mit, 17 Prozent haben ein solches Studium zwar begonnen, aber nicht abgeschlossen.

Unternehmen setzen auf Quereinsteiger

Und rund ein Viertel (23 Prozent) sind Quereinsteiger. Für sie eröffnet der Fachkräftemangel neue Perspektiven. Sie bringen zwar in der Regel nicht die erforderliche fachliche Ausbildung mit, dafür häufig hohe Motivation und Lernbereitschaft. Inzwischen macht eine Vielzahl von Angeboten wie etwa Programmier-Bootcamps Interessierte fit für verschiedenste IT-Aufgaben. Deren Abschlusszertifikate können Bewerbungen außerdem deutlich aufwerten.

Einer Studie des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) zufolge sind 15,3 Prozent aller neuen Beschäftigungsverhältnisse in IT-Berufen auf Akademikerniveau Quereinstiege. Und fast jeder zweite Berufswechsel in eine IT-Akademikerstelle ist ein beruflicher Aufstieg. In etwa einem Drittel der Fälle kamen die Beschäftigten aus einem IT-Beruf und über 60 Prozent aus anderen Berufsgruppen. Damit liegt sowohl der Anteil der Aufstiege als auch der Anteil der Quereinstiege in den IT-Berufen höher als im Durchschnitt.

Weiterbildung für Quereinsteiger

Mit entscheidend bei der Gewinnung und Integration von Quereinsteigern sind gezielte Angebote an Aus- und Weiterbildung. Der Bitkom-Studie zufolge verfügen bereits 54 Prozent der Unternehmen über eine zentrale Weiterbildungsstrategie was digitale Kompetenzen angeht (2017:37 Prozent).

Allerdings beklagen 34 Prozent mangelndes Interesse von Seiten der Beschäftigten. Ebenso vielen Unternehmen fehlt die Zeit, und 22 Prozent können sich solche Maßnahmen nicht leisten.

Weiterbildung darf den Studienautoren zufolge jedoch kein Nice to have sein. Wer sein Unternehmen zukunftsfähig machen will, muss die Zeit dafür freimachen und finanzielle Mittel bereitstellen. Außerdem gibt es unter Umständen staatliche Förderangebote.