In Deutschland fehlen mehr als 150.000 Ingenieure. Und die Digitalisierung, aber vor allem Klimaschutz und Energiewende werden die Lage dramatisch verschärfen.
Im ersten Jahr der Corona-Krise legte der Ingenieurmangel noch eine Pause ein. 92.400 offene Stellen in den Ingenieur- und Informatikerberufen verzeichnete der VDI-/IW-Ingenieurmonitor damals. Danach stieg die Zahl kontinuierlich an und erreichte im 1. Quartal 2022 mit 151.300 Stellen einen Rekordwert seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2011. Vor allem fehlen Ingenieure der Energie- und Elektrotechnik sowie Informatiker. Warteten im ersten Quartal 2021 noch 222 offene Stellen auf 100 Arbeitslose, so verdoppelten sich die Vakanzen ein Jahr später auf 418.
Die Bundesländer legten dabei unterschiedlich stark zu. In Absolutwerten am stärksten Bayern, gefolgt von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Allein Bayern (31.000) und Baden- Württemberg (21.200) vereinen 34,5 Prozent des gesamten Stellenangebots auf sich. Dabei kommen In Bayern (598) und Sachsen (567) knapp 600 offene Stellen auf 100 Arbeitssuchende. Allerdings aus ganz verschiedenen Gründen: Während In den ostdeutschen Bundesländern vor allem demografische Entwicklungen die steigenden Engpässe verursachen, ist es in Bayern das hohe Beschäftigungswachstum.
Zusätzlich entfachen nun vor allem Klimaschutz und Energiewende den Bedarf an Ingenieur- und Informatikerberufen. Und angesichts der Forderungen von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach einer deutlich beschleunigten Energiewende bekommt dieser Trend dramatische Ausmaße.
So erwarten für die kommenden fünf Jahre dem VDI-/IW-Ingenieurmonitor zufolge 32 Prozent aller Unternehmen und 63 Prozent von Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten einen steigenden Bedarf an IT-Experten speziell für die Entwicklung klimafreundlicher Technologien und Produkte. Auch im Bezug auf Umweltingenieure rechnen 19 Prozent aller Unternehmen und 43 Prozent aller Unternehmen ab 250 Beschäftigten mit Engpässen bei Ingenieuren.
Für die kommenden Quartale ist der Ausblick allerdings mit Unsicherheiten behaftet, da im Zuge des Ukraine-Krieges konjunkturelle Eintrübungen am Arbeitsmarkt mit unterschiedlich starken Auswirkungen auf einzelne Ingenieurberufe nicht auszuschließen sind.
Auf längere Sicht jedoch ist eine Lösung des Ingenieursmangels nicht in Sicht und der Ausblick trübe, so der IW Köln. Schließlich ging die Anzahl der Studienanfänger in den Ingenieurwissenschaften und der Informatik in den letzten fünf Jahren um rund 15 Prozent zurück. Aktuell fehlen jährlich bereits etwa 26.500 Erstabsolventen, um den für Digitalisierung, Klimaschutz und Energiewende benötigten Zusatzbedarf abzudecken.
Da angesichts des demografischen Wandels und des damit einhergehenden rein zahlenmäßigen Rückgangs des Nachwuchses es nicht ausreichen wird, nur junge Menschen für Technik zu begeistern, empfiehlt der VDI die qualifizierte Fachkräftezuwanderung zu vereinfachen und für eine allgemeine Entbürokratisierung zu sorgen.