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Elektrotechnik mit Imageproblem?

Die Jobaussichten für Elektrotechniker sind auch in Krisenzeiten sicher. Trotzdem sinkt das Interesse an den Studiengängen kontinuierlich. Der Branchenverband warnt.

Deutschland gehen die Elektroingenieure aus – das zeigt die neue Arbeitsmarkt-Studie des VDE. Für die Bewältigung der Herkulesaufgaben Energiewende, Digitalisierung, Industrie 4.0 und E-Mobilität müssen allein dieses Jahr 11 000 zusätzliche Ingenieure im Ausland rekrutiert werden. Die Quelle droht aber zunehmend zu versiegen, denn der Mangel ist mittlerweile ein globales Problem. Schließlich verlangt der durch die Chipkrise angestoßene weltweite Ausbau von Chip-Kapazitäten nach zigtausenden zusätzlichen Fachkräften.

Allein in den USA fehlen in den Wafer-Fabs Eightfold.ai zufolge bis 2025 etwa 90.000 zusätzliche Fachkräfte. Das Wall Street Journal spricht von durchschnittlich 27000 fehlenden Beschäftigten in der Halbleiterindustrie monatlich und selbst die South China Morning Post berichtet von einem chronischen Mangel an wissenschaftlichen und technischen Fachkräften.

Mangel an Elektroingenieuren in Deutschland

Hierzulande verlassen dieses Jahr rund 8600 Elektroingenieure die Hochschulen. Davor allerdings hat schon die Mehrzahl der Studienbeginner das Handtuch geworfen. Nach VDE- Berechnungen (VDE-Ausschuss „Studium, Beruf und Gesellschaft“ 2019) kämpfen E-Technik-Fachrichtungen mit Abbruchquoten von nahezu 60 Prozent, stellenweise sogar von bis zu 70 Prozent. Grund: Mangelndes Basiswissen wie etwa in Mathematik.

Dem gegenüber steht laut VDE ein Bedarf von 20.000 E-Ingenieuren, der nicht mit Arbeitslosen gedeckt werden kann, denn die sind Mangelware. Schließlich herrscht seit Jahren Vollbeschäftigung.

Niedrige Frauenquoten

Und so interessant Tätigkeitsfelder in der Energiewirtschaft, im Bereich Elektromobilität oder in der Industrie 4.0 auch sein mögen – die Frauenquote liegt bei Erstsemestern in der Elektro- und Informationstechnik lediglich bei 17 Prozent. Dem MINT-Herbstreport 2021 vom IW Köln zufolge stieg in den Ingenieurberufen der Energie- und Elektrotechnik der Frauenanteil von 7,6 (2012) auf gerade einmal 9,8 Prozent (2021). Studiengänge wie „Regenerative Energien“ oder „Medizintechnik“ üben da deutlich mehr Anziehungskraft auf Frauen aus.

Und nicht zuletzt kommt ein nicht unerheblicher Teil der Elektrotechnik-Aspiranten aus dem Ausland. So machen zum Beispiel chinesische Studenten einer Schätzung des VDE zufolge etwa zehn Prozent der Studierenden in Deutschland aus. Eine Mehrheit dieser Absolventen geht nach dem Studium in die Heimatländer zurück. Trotzdem hat insgesamt zwischen dem vierten Quartal 2012 und dem ersten Quartal 2021 die Beschäftigung ausländischer MINT-Arbeitskräfte in akademischen Berufen um 133,7 Prozent zugelegt und letztes Jahr mit rund 162.700 Beschäftigten ein Rekordhoch seit Beginn der Aufzeichnungen Ende 2012 erreicht.

Insgesamt scheint der Berufweg Elektroingenieur für junge Menschen nicht mehr attraktiv genug zu sein, während die Informatik sich eines wachsenden Zulaufes erfreut. Ein Grund dafür könnte sein, dass Informatik stärker mit modernen Themen wie Künstliche Intelligenz, Big Data oder Embedded Systems assoziiert wird.