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Materialknappheit in der Halbleiterindustrie: Welche Alternativen gibt es?

Der globale Bedarf an Halbleitern steigt rasant, während die Verfügbarkeit kritischer Rohstoffe zunehmend unter Druck gerät. Geopolitische Spannungen, Unterbrechungen in den Lieferketten und der Wandel hin zu nachhaltigeren Produktionsprozessen zwingen Unternehmen dazu, neue Wege zu finden, um die Materialversorgung zu sichern. Welche Rolle spielen dabei neue Materialien, KI-gestützte Simulationen und nachhaltige Strategien?

KI-gestützte Simulationen: Effizienz durch digitale Zwillinge

Die Halbleiterindustrie setzt verstärkt auf den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) in der Materialentwicklung und Produktion. Mithilfe von KI-gestützten Simulationen können Unternehmen verschiedene Materialoptionen digital durchspielen, ohne teure und zeitaufwendige physische Prototypen herstellen zu müssen. So wird beispielsweise der Einsatz neuer Interconnect-Materialien wie Kobalt, Nickel oder Molybdän virtuell getestet, um deren elektrische Eigenschaften und thermische Stabilität zu bewerten. Digitale Zwillinge kommen auch in der Produktionsplanung zum Einsatz: Sie simulieren Abläufe in Echtzeit und helfen, Engpässe frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.

Nachhaltigkeit in der Materialauswahl: Kreislaufwirtschaft im Fokus

Nachhaltigkeit ist längst mehr als ein Marketingbegriff. Die Halbleiterindustrie ist gefordert, Materialien nicht nur technisch, sondern auch unter ökologischen und sozialen Aspekten zu bewerten. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Kreislaufwirtschaft: Durch Recycling und die Rückgewinnung wertvoller Rohstoffe aus ausgedienten Geräten lassen sich Ressourcen schonen und die Abhängigkeit von Primärmaterialien verringern. So werden Seltenerdmagnete zunehmend aus recycelten Elektronikkomponenten gewonnen, was sowohl die CO2-Bilanz verbessert als auch die Versorgungssicherheit erhöht.

Materialsubstitution: Siliziumkarbid als Erfolgsbeispiel

Silizium (Si) war lange Zeit das bevorzugte Material in der Halbleiterproduktion. Doch mit der wachsenden Nachfrage nach effizienteren und leistungsfähigeren Chips wurden die Grenzen von Silizium zunehmend deutlich. Hier hat sich Siliziumkarbid (SiC) als leistungsstarkes Alternativmaterial etabliert – insbesondere in der Leistungselektronik für Elektrofahrzeuge. SiC ermöglicht höhere Schaltgeschwindigkeiten, geringere Wärmeverluste und kompaktere Bauformen, was die Energieeffizienz von E-Antrieben spürbar verbessert. Große europäische Unternehmen wie Infineon investieren massiv in die Erweiterung ihrer SiC-Kapazitäten, um den steigenden Bedarf in der Automobilindustrie abzudecken.

Herausforderungen bei der Materialsubstitution

Der Wechsel zu neuen Materialien bringt jedoch auch Herausforderungen mit sich. Die Herstellung von SiC-Halbleitern ist deutlich energieintensiver als die von Silizium-Chips, was sowohl die Produktionskosten als auch den ökologischen Fußabdruck beeinflusst. Zudem müssen Produktionsanlagen angepasst, neue Lieferanten entwickelt und Qualitätsstandards neu definiert werden. Ähnliche Herausforderungen erwarten die Industrie beim potenziellen Einsatz von Galliumoxid, das für Hochspannungsanwendungen vielversprechend erscheint, sich aber noch in der Entwicklungsphase befindet.

Auf dem Weg zu resilienteren Lieferketten

Die Materialknappheit in der Halbleiterindustrie wird auch in den kommenden Jahren ein bestimmendes Thema bleiben. Die Kombination aus neuen Technologien, nachhaltigen Strategien und innovativen Materialalternativen kann jedoch die Versorgungssicherheit langfristig stärken. Der Einsatz von KI in der Materialforschung, die Etablierung geschlossener Recyclingkreisläufe und die gezielte Förderung von Zukunftsmaterialien wie SiC oder Galliumoxid könnten Europa helfen, sich unabhängiger von globalen Lieferketten zu machen.