Medizinische Implantate sind auf eine sichere Energiezufuhr angewiesen. Als effektive Lösung bieten sich dafür zukünftig ultraschallgestützte Drahtlostechnologien an.
Strom lässt sich durch die Luft übertragen. Das ist nicht neu. Nikola Tesla brachte bereits 1890 Glühbirnen ohne Kabelsalat zum Leuchten. Teslas Forschungen stockten damals, weil die Geldgeber an Kupferminen beteiligt waren. Danach dauerte es über hundert Jahre, bis sich Wissenschaftler wieder ernsthaft der drahtlosen Energieübertragung widmeten. Heute greift die mittlerweile vielversprechende Zukunftsbranche auf vier Technologien zurück: induktiv, kapazitiv, elektromagnetisch (Mikrowellen, Laser) und mechanisch (Ultraschall, Vibration).
Am weitesten verbreitet sind induktive Varianten (z.B. in Ladeschalen für Mobiltelefone und elektronische Kleingeräte) mit Wirkungsgraden von über 90 Prozent, mehreren hundert Watt Ladeleistung und Reichweiten von typischerweise einigen Zentimetern bis wenigen Metern. Die kapazitive Kopplung hat dagegen nur eine geringe praktische Bedeutung.
Elektromagnetische Energieübertragung erfolgt prinzipiell wie das Senden von Radiosignalen mit elektromagnetischen Wellen. Das erlaubt enorme Übertragungsstrecken, verringert allerdings den Wirkungsgrad ganz erheblich. Eines der fernen Zukunftsprojekte ist zum Beispiel die Stromversorgung aus dem Weltall via Laser.
Die mechanische Energieübertragung bedient sich Schall- oder Vibrationswellen, die ein Empfänger unter Ausnutzung piezo- oder triboelektrischer Effekte in Strom umwandelt.
Während Piezo-Elemente unter Krafteinwirkung eine Spannung erzeugen, genügt der triboelektrischen Variante der Kontakt mit einem anderen Material unterschiedlicher Elektronenaffinität. Trennt man beide wieder voneinander, entsteht durch die Ladungsdifferenz eine Spannung. Für die schnelle Abfolge sorgen zum Beispiel getaktete Ultraschallquellen.
Trotz geringer Wirkungsgrade und Leistungen im Milliwatt-Bereich erfreut sich diese Methode besonders in der Medizintechnik großer Aufmerksamkeit. Ist sie doch die sicherste und daher als Stromversorgung insbesondere für Implantate prädestiniert. Zudem dringen speziell Ultraschallwellen leichter als elektromagnetische Wellen durch Flüssigkeiten, Körpergewebe und Metallgehäuse.
Forscher der südkoreanischen Sungkyunkwan University stellten letztes Jahr ultraschallbetriebene, triboelektrische Nanogeneratoren (TENG) für implantierbare medizinische Geräte vor. Den Wissenschaftlern zufolge erzeugt der in fünf Millimeter Tiefe in ein Schweinegewebe implantierte Generator 156 Mikroampere bei bis zu 2,4 Volt.
Auch das belgische Forschungszentrum Imec für Nano- und Mikroelektronik entwickelte zusammen mit der Technischen Universität Delft im Rahmen des ERC-finanzierten Projekts „Intranet of Neurons“ eine ultraschallgetriebene Energieversorgung. Sie verbraucht weniger als die Hälfte des Stroms anderer Systeme.
Die Wissenschaftler greifen dabei auf eine einzigartige adiabatische Antriebstechnik zurück, die dem Konzept der globalen Ladungsumverteilung (Global Charge Redistribution, GCR) folgt. Adiabatische Systeme sind hocheffizient, da sie mit der Umgebung keine Wärmeenergie austauschen.
Im Gegensatz zu herkömmlichen adiabatischen Methoden kommt der Imec-Ansatz ohne externe Kondensatoren zur Umverteilung der Ladungen aus. Diese Aufgabe übernehmen die parasitären Kondensatoren des Ultraschallwandler-Arrays.
Der im 65-nm-CMOS-Verfahren gefertigte Chip verfügt über eine vollständig integrierte 116×116 mikrometergroße Treibereinheit, die 69 Prozent des Energieverbrauchs herkömmlicher Klasse-D-Verstärker einspart.
Für den Einsatz in vivo ist die Strahlsteuerung bis zu Winkeln größer 45 Grad entscheidend, um die Leistungsabgabe zu maximieren und Mikrobewegungen und Fehlausrichtungen des Gehirns (wie sie z. B. bei Operationen und der Atmung auftreten) zu kompensieren. Mit der Einführung eines Beam Steering Controllers ermöglicht das GCR-System von Imec eine Strahlsteuerung von bis zu 53 Grad.